Das spanische Wort für „Freundin“. Eine heimliche kleine Legende von der kaum jemand weiß, deren Geschichte aber lohnt zu wissen.

Für mich ist es eine kleine Retro-Geschichte. Ja, ich hatte Zugriff auf einen Amiga 500. Ja, ich habe auf dieser Maschine das erste Mal die Frage gestellt wie ich dem Gerät etwas neues beibringen kann. Natürlich hatte ich keinen eigenen Amiga, ich war immerhin noch nicht mal Grundschüler als das Gerät veröffentlicht wurde. Trotzdem habe ich viele lebhafte Erinnerungen an diese ersten Gehversuche. Daher wird das eine persönliche Geschichte.
Commodore und Amiga
Angefangen haben meine Berührungspunkte mit Computern mit einem Commodore plus4. Damals noch mit Datasette. Das waren faszinierende erste Erlebnisse und mit diesen neuen Geräten schien alles möglich zu sein. Ich war Kind, meine Welt (Kopf) war noch nicht so gefüllt wie die der Erwachsenen und ich hatte mehr Zeit mir diese neuen Sachen ausgiebig anzusehen. Und Fragen zu stellen. Viele Fragen.
Dann kam das erste Diskettenlaufwerk. Ich weiß noch heute wie mein Vater mit diesem Laufwerk und den wabbeligen 5-1/4-Zoll Disketten ankam. Das war wie Science-Fiction. Plötzlich musste man nicht mehr minutenlang vor der Datasette sitzen, die Kassette zurück spulen, das Zähllaufwerk auf null stellen und dann zu der Stelle vor spulen die man sich hoffentlich auf einem Zettel notiert hatte. Programme wurden nicht einfach gestartet, man spult möglichst dicht an den Punkt auf dem Band an dem das Programm gespeichert ist. Dann sagt man dem „plus4“ er soll das Programm suchen das man starten möchte. War man zu weit vor dem Punkt auf dem Band dauerte die Suche ewig, war man über den Punkt hinweg blieb sie erfolglos. Programme starten war damals motorische Geschicklichkeit. Mit der Diskette war das vorbei. Programme konnten nun einfach gestartet werden, ohne spulen, ohne warten.
Dann bekamen wir einen Amiga 500. Damit war alles anders. Grafische Oberfläche, Maus, 3,5-Zoll-Diskette, interner Speicher, sogar Sound. Der hing auch nicht mehr im Wohnzimmer am Fernseher sondern bekam einen rollbaren Tisch mit einem eigenen Monitor. Keine Konkurrenz mehr zum familiären Abendprogramm. Damit ging es dann richtig los. Ich war ein bisschen älter, der Computer konnte viel mehr, meine Freunde hatten auch sowas, von diesem Punkt an war die Sache vermutlich nicht mehr aufzuhalten. Ich hatte angebissen.
Was den Amiga besonders macht
Amiga war ein Startup das von der schon erfolgreichen Firma Commodore aufgekauft wurde. Mit dem zugekauften Amiga-Computer hatte man ein Modell das seiner Zeit voraus war. Zitat:
Zu einer Zeit, als Nutzer eines IBM PCs sich mit einer Grafikdarstellung von 16 Farben begnügen mussten und Mac-User vor einem Schwarz-Weiß-Bildschirm saßen, konnte der Amiga bereits 4096 Farben darstellen. Der Rechner verfügte außerdem über einen selbst entwickelten Chipsatz mit den Codenamen Agnus, Denise und Paula für unter anderem Grafik und Ton. Damit bot der Amiga integrierte Videoausgänge für Fernseher. Er konnte zudem einen vierkanaligen Stereosound mit digitalisierten Klängen erzeugen, während viele Rechner von der Konkurrenz nur Pieptöne von sich gaben.
Und nicht nur das, auch das Betriebssystem des Amiga war seiner Zeit voraus. Ein weiteres Zitat:
Voller Innovationen steckte auch das Betriebssystem des Amiga. Ähnlich wie der Apple Macintosh bot die „Amiga Workbench“ eine grafische Benutzungsoberfläche, die mit einer Maus bedient wurde. Das hatten Mac und Amiga dem IBM PC und seinem DOS-System von Microsoft voraus. Im Maschinenraum des Betriebssystems verfügte der Amiga aber obendrein schon über eine modernere Variante des preemptiven Multitaskings, also der Fähigkeit, mehrere Programme parallel laufen zu lassen. Sie war viel robuster als das ältere Verfahren wie kooperatives Multitasking, das damals noch im Mac oder dem IBM PC genutzt wurde.
Alles in allem also ein Computer der alle anderen locker in den Schatten stellen konnte. Da fragt man sich warum wir heute alle auf PC’s und Mac’s arbeiten statt auf Commodore-Computern?
Das hatte zwei Gründe: zum einen war der Preis für diese Geräte ebenfalls seiner Zeit voraus. Sprich sehr happig und nicht für den breiten Massenmarkt oder zahlreiche Büro-Arbeitsplätze geeignet. Zum anderen war das Marketing und das Management nicht so gelungen. Man brachte mehrere verschiedene Modelle gleichzeitig auf den Markt, was zu Lieferschwierigkeiten führte. Man positionierte sich nicht eindeutig mit seinen Produkten, was zu Verwirrung führte. Man nutzte auch die Chancen nicht richtig die einem geboten wurden.
Zum Beispiel waren die Fähigkeiten des Amiga für Multimedia enorm nützlich. Mit dem Marketing-Auftritt zur Veröffentlichung zielte man auch genau darauf ab. Die ersten die ihren Nutzen daraus zogen waren aber die Spieler und Spiele-Hersteller. So bekam der Amiga schnell den Ruf einer „Spiele-Maschine“. Was heutzutage nicht schlecht ist wenn man den Umsatz der Gaming-Branche sieht, damals aber eine Schublade war in der man keinen Profit sah.
Der Fairness halber muss man wohl sagen das der Amiga seiner Zeit einfach ein Stück zu weit voraus war. Hohe Preise für innovative Geräte in guter Qualität sind später kein Problem mehr gewesen (siehe Apple). Eine gute Gaming-Maschine zu sein wäre später eine Auszeichnung gewesen (siehe NVIDIA). Gute Multimedia-Eigenschaften mit vielen anschließbaren Geräten sind später sehr gefragt gewesen (siehe Windows-PC).
Aber zu der Zeit des Amiga gab es noch keine richtige Gamer-Szene, keine großen Multimedia-Anwendungen, keine massenhaften Musik-Videos, keine Heim-PC’s in jeder Wohnung, keine Architektur- und Design-Büros in denen ein iMac auf dem Schreibtisch zum guten Ton gehörte, keine breite Akzeptanz von Computern überhaupt. Das Commodore-Management hätte all diese Märkte erst erschaffen müssen. Und so lange reichte der Atem schlicht nicht. Es gelang auch nicht sich an die Gegebenheiten anzupassen. Und so kam 1994 das Ende von Commodore und damit des Amiga.
Wie das für die Beteiligten war sieht man in dem Film „The Deathbed Vigil and other tales of digital angst“. Für mich persönlich war es ein Umstieg. Ich kaufte mir bald meinen ersten eigenen Computer, einen PC natürlich. Preislich war der zu dem Zeitpunkt nicht mehr von den Commodore zu unterscheiden, aber Apple war noch teurer. Immerhin hatte er schon DOS und Windows, damals noch auf großen Stapeln von Disketten. Ich war nur ein bisschen erstaunt warum alle den neuen Mülleimer auf dem Desktop von Windows feierten weil man da Dateien wieder retten konnte. Oder den tollen Sound und die neue Grafik. Den Mülleimer hatte mein Amiga ja auch schon immer. Irgendwie waren diese PC-Menschen glücklich über Dinge von denen ich dachte das sie schon lange dazu gehören. Das war ein bisschen merkwürdig.
Fazit
Commodore und Amiga sind Beispiele für gute und erfolgreiche Produkte (ja, Commodore hatte mal deutlich mehr Marktanteile als IBM oder Apple). Trotzdem sind sie irgendwann, irgendwie untergegangen. Das sind Geschichten aus denen man lernen kann.
Übrig bleiben diverse Projekte zu Software- und Hardware-Nachbauten. Emulatoren versuchen die alten Programme und Spiele am Leben zu halten. Virtuelle Maschinen lassen das ganze System wieder aufleben. Dank der heutigen Technik gibt es viele Möglichkeiten.
Inzwischen haben einige hartnäckige Fans nie aufgegeben. Die Zielgruppe der Anhänger scheint groß genug das einige ihr Geld damit verdienen. So sollen die Rechte an der Marke Commodore vor kurzem von einem Youtuber gekauft worden sein. Diverse Menschen aus der Commodore-Zeit sind mit an Bord bei einem Projekt zur Revitalisierung der Marke. Ein verrücktes Nerd-Projekt? Mitnichten. Wenn man das richtig angeht, den Markt erkundet, gute Ansatzpunkte findet und eine langfristige Strategie aufbaut kann es gut sein das wir in einigen Jahren mit ganz neuen Augen auf die Marke Commodore blicken.
youtube.com: Amiga Boing Ball -60fps NTSC, 1080p mode
youtube.com: Amiga 500 Longplay [153] North & South
archive.org: Amiga Hardware Reference Manual 3rd Edition
youtube.com: The Deathbed Vigil and other tales of digital angst
youtube.com: Können wir die Marke Commodore retten? Mein bisher größtes Projekt
heise.de: 40 Jahre Commodore Amiga: Der Beginn des Multimedia-Zeitalters
heise.de: 40 Jahre Amiga – die Wow-Maschine
heise.de: 40 Jahre Amiga – die Arcade-Maschine für Zuhause
heise.de: 40 Jahre Amiga: Die Musik-Maschine für den Schreibtisch