2015
Das Jahr 2015 war ein verlustreiches Jahr. Nachdem 2014 das Jahr der Bruchlandung war (siehe auch), war 2015 großes Aufräumen angesagt. Wo ich 2014 noch schrieb das man einfach nur Ballast abwerfen muss, die Maschine flicken und weiter würde es gehen, stellte ich 2015 fest das man an so manchem Stück im Flugzeugrumpf ganz schön hängen kann. Es stellte sich heraus das es Dinge gab die ich eigentlich gar nicht entsorgen wollte. Dinge die ich nie freiwillig entsorgt hätte. Doch in 2014 ist mehr zu Bruch gegangen als erwartet. Durch den Kontrollverlust gab es schon früher so einige falsche Entscheidungen, und so einige Spätfolgen. Die zwangen mich zu neuen Entscheidungen, die ich nicht treffen wollte. Ich zahlte also den Preis. Eigentlich wollte ich nach dem Trümmerjahr einfach wieder durchstarten mit den Dingen die mir lieb waren. Ballast raus, und Vollgas. Aber das Universum mag kein Ungleichgewicht. Ganz so einfach ging es dann doch nicht. Ich musste noch einige Preise zahlen. Dabei hätte ich durchaus mit diesen Dingen wieder durchstarten können. Vermutlich hätten sie mir sogar geholfen, als etwas das mir gut tut und Hilft den Kurs langfristig zu ändern. Aber ich hätte etwas mehr Zeit gebraucht. Und die war nicht da. Es war zu spät, die Entscheidungen in der Vergangenheit haben mir, ohne das ich es damals geahnt hätte, Wege in der Zukunft vorgegeben. Ist das schlimm? Es fühlt sich schlimm an, aber schauen wir mal …
Verknüpfen von Punkten
Steve Jobs hat es in einer Rede in Stanford im Jahr 2005 beschrieben. Er hat auf sein Leben zurück geblickt und festgestellt das sich viele Punkte in seinem Leben erst im Rückblick zu einem überaus passenden Muster verweben. Erst im Rückblick hat er denn Sinn von so manchem Erlebnis verstanden (die Rede von Steve Jobs).
So ist das Leben, wir treffen Entscheidungen, und dann leben wir mit den Konsequenzen. Nicht alle Konsequenzen sehen wir vorher, manche können wir auch nicht sehen. Man kann die Punkte im Leben nicht zusammenfügen, wenn man nach vorne Blickt. Nur wenn man zurück blickt. So kommt es, das man manchmal einen ziemlich kräftigen Schlag ins Kreuz bekommt. Es fügen sich eben nicht immer alle Punkte so gut zusammen. Wenn man nicht auf dem richtigen Weg ist, gibt es schon mal schmerzhafte Seitenhiebe, bis man wieder geradeaus läuft. Und mit geradeaus meine ich, den eigenen Weg. Wer davon abweicht, wird nur scheitern. Wer versucht einem vorgegebenen Muster zu folgen, wird nur scheitern. Wer sich scheut überhaupt zu gehen, wird auch scheitern. Und mit scheitern meine ich nicht „finanziell“ oder „moralisch“.
Ich meine das es egal ist was man erreicht, wie viel Geld man verdient, wie groß das Haus, das Auto oder das Boot ist. Egal wie glücklich und gesund die Familie, wie groß der Freundeskreis, wie viele lobende Erwähnungen, oder wie lang die Reihe der Orden und Medaillen an Deiner Brust. Wenn es nicht Dein Weg gewesen ist, wird es sich wie scheitern anfühlen, vollkommen egal was es ist, es macht Dich nicht satt wenn es nicht Dein Weg war. Und wenn Du in Geld schwimmst, der Chef stolz ist, die Frau bildschön, das Auto schnell, die Kinder erfolgreich, und Dich alle bewundern, und Du hast trotzdem ein Gefühl der Leere in Dir, dann war es nicht Dein Weg. Und kein Erfolg der Welt wird die Leere in Dir füllen können. So einfach ist das.
Nun kann das Verknüpfen von Punkten auch positiv sein, wenn man irgendwann zurück blickt. Was Steve Jobs eigentlich sagen wollte, war ja, das man auch bei schlechten Dingen erst hinterher erkennen kann, ob sie vielleicht doch gut waren. Das Problem ist ja, und auch das hat Steve Jobs angesprochen, das man eben wissen muss warum man die Dinge tut, die man tut. Wenn man sein Ziel kennt, weiß wo man hin will, und dafür verrückte Dinge tun muss oder Opfer bringen, tut es nicht weh. Und wenn es weh tut, ist es nicht so schlimm. Man weiß wofür man das tut. Schwierig wird es, wenn man nicht auf seinem Weg ist. Opfer muss man immer bringen, aber dann weiß man nicht einmal wofür. Oder man stellt fest das man in der Vergangenheit nicht auf seinem Weg war, und muss nun die Opfer bringen. Das ist ein schmerzhafter Prozess, so viel ist sicher.
Angst vor dem Leben?
Betrachten wir ein Jahr auf der Erde: Wir befinden uns auf einem Planeten, der sich in ~24 Stunden um sich selbst dreht. Wenn wir den Äquator mit runden 40.000km annehmen bedeutet das eine Rotationsgeschwindigkeit von ~0,463km/s, was ~28km in der Minute und 1667km in der Stunde entspricht. Man müsste sich also 24 Stunden lang mit ~1667km/h bewegen um den Weg zurück zu legen, den ein Punkt am Äquator an einem Tag zurücklegt. Oder mit ~1667km/h der Rotation unseres Planeten hinterher-jagen, um über einem Punkt auf der Oberfläche stehen zu bleiben. Was für ein Glück das wir uns ohnehin mit der gleichen Geschwindigkeit bewegen, denn diese Geschwindigkeiten in einer Atmosphäre auf Dauer zu halten ist technisch doch eher Anspruchsvoll. Man vergleiche es zur Probe mit dem eigenen Sportwagen oder einem Flugzeug beliebiger Bauart. Der Planet wandert bei all der Rotation auch noch in ~365 Tagen um die Sonne. Dabei legt er eine Strecke von ~939.800.765,952km zurück. Das sind ~2.574.797km am Tag, und ~108.000km in der Stunde (wer es sich noch vorstellen kann, das sind ~30km/s). Unser Planet ist also ein Brummkreisel der sich mit ~1667km/h um sich selbst dreht während er mit 108.000km/h im Kreis fliegt. Wer unter diesen Umständen noch das Bedürfnis hat eine Achterbahn zu besteigen, scheint die Welt um sich herum völlig zu ignorieren, oder?
Rocky hat eine Todes-Angst vor seinem nächsten Kampf. Wir leben auf einer Kanonen-Kugel und wir haben keine Ahnung wo hin die Reise geht und wie sich unsere Punkte irgendwann einmal zusammen fügen werden. Das ist der Punkt. Wir haben alle das Recht eine Todes-Angst zu haben, weil niemand weiß was ihn erwartet. Aber wir haben keinen Grund daran zu verzweifeln. Weil es normal ist. Das ist das Leben. Und am Ende wird sich alles zusammen fügen. Wichtig ist nur, das wir auf unserem Weg bleiben und wissen warum wir die Dinge tun die wir tun. Manchmal, wenn wir es nicht wissen, und schmerzhafte Seitenhiebe bekommen, können wir einfach davon ausgehen das wir nicht auf dem richtigen Pfad waren und wieder in die Bahn geschubst werden. Oder wir können davon ausgehen das wir einfach nur auf etwas vorbereitet werden, und das sich die Punkte im Rückblick betrachtet zusammen fügen. Oder wir kassieren Seitenhiebe weil wir für etwas einstehen, aber dann ist es doch erst Recht gut.
Fazit
Ende 2014 hatte ich einen 3-Stufen Plan geschmiedet. Stufe 1 Verpflichtungen beseitigen. Stufe 2 Studium beenden. Stufe 3 mit der gewonnenen Zeit endlich eine langfristige Beziehung eingehen (eher eine optionale Stufe). Die Verpflichtungen beseitigen hat nach Plan und ohne Komplikationen funktioniert. Das Studium beenden war schon schwieriger. Zwei Studienarbeiten und meine Abschlussarbeit musste ich noch schreiben. Der jüngste (schon der dritte) Zeitplan sah vor das ich damit bis Oktober fertig bin. Doch es kam anders. Eine Verzögerung im Ablauf der Studienarbeiten jagte die nächste. Spätestens im September stand endgültig fest das ich das Studium wohl eher Mitte 2016 beenden würde, wenn ich den Leuten in ihrem Chaos weiter folge. Ich kam also schon etwa zur Mitte des Jahres 2015 zu dem Schluss das mein 3-Stufen-Plan nicht funktioniert und ich Stufe drei auf unbestimmte Zeit verschieben müsste. Die zunehmende Frustration über den Ablauf der Dinge führte sogar zu der Überlegung das Studium ganz auf zu geben. Ich schien dort einfach nicht raus zu kommen, egal wie sehr ich mich bemühte, es gab immer neue organisatorische Verlängerungen und die Aufgaben wurden dadurch immer wieder erweitert.
War 2015 nun ein Abschiedsjahr? Ja, das war es. Ich habe mich unter anderem auch von einem langen und treuen Wegbegleiter verabschiedet (15 Jahre sind schon eine lange Zeit …). Er war mir immer treu und ich wollte ihm immer treu bleiben, aber es ging nicht mehr. Das tat sehr weh, und ich wusste nicht wofür es gut war. Schlimmer noch, ich stellte meine Loyalität, meine Fähigkeiten zu selbiger und mich generell in Frage. Mich quälte die Frage „Warum?“ und ich hatte niemanden außer mir um schuld zu sein. Aber?
Ich habe mir ein neues Auto gekauft. Größer als das alte. Und wisst Ihr was kurz darauf passiert ist? Ich habe neue Menschen kennengelernt. Eine kleine Familie. Eine Verkettung von mindestens drei Zufällen an einem einzigen Tag, die in einem Ereignis endete mit dem ich nicht mehr gerechnet habe. Ich lernte sie kennen und ich stellte fest das ich ihnen gut tat, zumindest sagten sie mir das. Und wisst Ihr wann das war? Im Oktober, als ich eigentlich mit meinem Studium durch sein sollte und Zeit gehabt hätte. Zumindest laut dem 3-Stufen-Plan. Jetzt werde ich Silvester Feiern mit einer neuen Freundin, deren drei Kinder mich am liebsten nicht mehr gehen lassen würden.
Zufall? …
Du hast eine Aufgabe zu erfüllen. Du magst tun was du willst, magst hunderte von Plänen verwirklichen, magst ohne Unterbrechung tätig sein – wenn du aber diese eine Aufgabe nicht erfüllst, wird alle deine Zeit vergeudet sein. – Rumi
Manche Pläne scheitern, manche scheinen zu scheitern, manche erfüllen sich ganz überraschend doch ohne das man das irgendwie hätte erahnen können. Aber wenn man zurück blickt, und feststellt das die Punkte sich auf irgend eine magische Art und Weise zusammen zu fügen scheinen, dann muss man wohl auf dem richtigen Weg sein, oder?
Entweder das, oder es ist alles einfach nur Zufall. Egal wie, wenn es zusammenpasst ist doch alles gut, oder? Eines habe wir gelernt. Abschied bedeutet nicht unbedingt Verlust. Abschied bedeutet auch Platz für neues.
Aber entscheidet selbst: