Kostenlose Erstgespräche

und warum sie oft keinen Sinn machen.

Ich sehe sie immer wieder. Die „kostenlosen Erstgespräche“. Das zieht sich durch alle Branchen. Coach, Berater, Webdesigner, … so ziemlich alle Serviceanbieter.

Aber warum? Gründe die ich dafür höre:

  • Kunden können mich erst mal kennenlernen.
  • Kunden können einschätzen ob sich das Angebot lohnt.
  • Die weiteren Treffen werden dadurch produktiver.

Okay. Stimmt. Kennenlernen, einschätzen, vorher besprechen wohin die Reise gehen soll. Alles richtig. Aber? Einfache Frage: Kann ein Serviceangebot überleben wenn es nur kostenlose Erstgespräche gibt, und keine bezahlten Leistungen? Nein.

Klingt erst mal simpel und stark vereinfacht. Aber was bedeutet das genau? Schauen wir rein. Wenn ich kostenlose Erstgespräche … (das hören wir nun zu oft, das kürzen wir mal ab: KE). Wenn ich also nur KE führe kann ich davon nicht leben. Das merke ich irgendwann und stelle fest ich muss meine Kunden davon überzeugen das sie mich auch buchen, nach dem KE.

Ich muss meine Kunden also in dem KE überzeugen das ich was kann oder das sie mich brauchen. Also versuche ich das zu zeigen. Ich liefere Wissen und Kompetenz in dem Gespräch und zeige Stellen an denen ich helfen kann. Das hat aber nun drei Effekte. Erstens gebe ich schon Wissen kostenlos weg. Zweitens zeige ich schon die Stellen an denen man arbeiten müsste. Drittens stehe ich in der Versuchung das KE eigentlich eher zu einem Verkaufsgespräch zu machen.

Bei den ersten beiden Punkten lande ich schnell wieder da wo ich war. Ich führe weiter KE und meine Kunden sagen „danke, das hat mir schon geholfen, ich schaue erst mal selbst“. Ob das für den Kunden zum Erfolg führt sei dahingestellt (meistens nicht), spielt aber für meine Situation keine Rolle. Der dritte Punkt ist der entscheidende: je länger das so weiter geht, je öfter ich nach dem KE keine Buchung bekomme, desto eher wird das KE immer mehr und mehr zu einem Verkaufsgespräch.

Seien wir doch mal ehrlich, mit einem Serviceanbieter darüber zu reden ob es Sinn macht den Service zu nutzen ist so sinnvoll wie einen Küchenverkäufer zu fragen ob man alle zehn Jahre eine neue Küche gebrauchen kann. Egal wie ehrlich die Gesprächspartner sind (und ich unterstelle hier durchaus ehrliche Antworten) so sind sie doch trotzdem voreingenommen. Natürlich findet ein Küchenverkäufer es gut eine schöne neue Küche zu haben. Er liebt neue Küchen! Sonst wäre er im falschen Job! (Und die sind ja auch schön…)

Natürlich werden auch Service-Anbieter immer etwas finden bei dem sie helfen können. Auch das ist ihr Job. Je besser sie sind desto mehr finden sie. Selbst die ehrlichsten, selbst wenn sie sagen es macht keinen Sinn zu buchen, werden trotzdem noch ein paar Tipps mit auf den Weg geben. Weil die guten eben immer was finden und auch immer ein kleines Helfersyndrom haben (jaaaa, ich auch).

Am Ende des Tages sind KE also immer eine unschöne Situation für beide. Wenn Kunden mit dem Gefühl gehen überredet worden zu sein ist das nicht schön. Wenn Anbieter die Gespräche vergeblich führen auch nicht. Was tun?

Ich führe auch immer irgendeine Art von Vorgespräch. Das ergibt sich von selbst. Es gibt immer eine erste Kontaktaufnahme und man muss immer erst mal einen Termin machen. Allein das erstreckt sich anfangs schnell mal über mehrere Telefonate. Wie das läuft hängt aber stark davon ab wie der Kontakt entstanden ist. Treffen wir uns zufällig irgendwo persönlich oder ist es ein Anruf? Haben wir beide gerade Zeit direkt drüber zu sprechen oder telefonieren wir später? Dabei lernt man sich ein bisschen kennen und es kann geklärt werden worum es geht. Bei dem leisesten Gefühl von Unklarheiten vor einem gebuchten Termin rufe ich noch mal an, bitte um weitere Infos oder Vorbereitung damit es ein effizienter Termin wird. Denn am Ende wollen wir doch alle das gleiche: effiziente Hilfe bei unserem Thema.

Und bei solchen Buchungen / Telefonaten kann man auch schon feststellen ob es Sinn macht oder nicht. Das erwarte ich einfach von einer Person die ihr Fach versteht: da werden Themen genannt, kann ich die bearbeiten oder bin ich der Falsche? Ehrliche Antwort, im besten Fall eine Weiterleitung zu einem Angebot das besser behilflich sein kann. So ist allen geholfen und niemand hat Zeit verloren. Es gab einen Kontakt, ein Ergebnis und bestenfalls noch eine nützliche Information. Zufriedenes Kundenerlebnis. Punkt.

Also bleiben wir ehrlich: wenn ein Anbieter kostenlose Gespräche anbietet wird er immer in der Situation sein überzeugen zu wollen (oder müssen). Die Kunden werden immer nur einen halbseidenen Eindruck bekommen (können). Der echte Service kommt eben erst später. Der ganze Termin ist somit nur eine Gratwanderung zwischen „überzeugen“ und „nicht zu viel Preisgeben“. Also ein Verkaufsgespräch.

Dabei gibt es überhaupt keinen Grund sich nicht vorher kennenzulernen. Natürlich muss in Gewissen Bereichen die Chemie stimmen. Natürlich muss ich meinem Berater/Coach/Psychologen vertrauen können. Aber seien wir ehrlich, dafür müssen wir keinen einstündigen Termin vorher machen. Chemie wird in den ersten paar Minuten entschieden. Ich muss auch nicht prüfen ob mein Gegenüber nett zu mir ist. Manchmal ist es deren Job mir Dinge zu sagen die ich nicht hören will. Also ist doch die einzige Frage: habe ich beim ersten Telefonat/Treffen ein gutes Gefühl? Fein. Wenn nicht, dann nicht.

Machen wir es anders: Sprecht Eure Dienstleister der (vermutlichen) Wahl an, und wenn Ihr ein gutes Gefühl habt, bucht gegen Bezahlung. So sind die Anbieter die gebucht werden von der ersten Minute an voll motiviert ihr ganzes Können zu zeigen. Denn genau dafür werden sie bezahlt und genau das will der Kunde sehen.

Und wenn Anbieter an dem Konzept festhalten wollen, nennt es beim Namen. Wenn Ihr Eure Leistungen und Fähigkeiten vorstellen wollt dann ist das eine Präsentation oder ein Pitch, aber kein kostenloses Erstgespräch. Wenn es Leistungen im Vorfeld gibt die dem eigentliche Auftrag voraus gehen, wie eine Planung, Aufwandsschätzung, Beratung oder eine Objektbegehung, dann bietet es einfach gegen eine faire Gebühr an, die bei Beauftragung verrechnet wird. So hat der Kunde die Wahl, wenn er bucht hat er die Vorleistung nicht umsonst bezahlt, wenn er nicht bucht habt Ihr nicht vergeblich geleistet.

Nicht umsonst gibt es schon ewig den Kostenvoranschlag. Als ich klein war wollte ich mal eine Kamera reparieren lassen. Der Techniker hat sie sich angesehen und mir gesagt was es kosten würde. Die Begutachtung musste ich bezahlen. Wenn ich später die Reparatur beauftragt hätte, hätte er mir die Gebühr angerechnet. Immerhin hatte er die Kamera auseinandernehmen müssen um den Fehler zu finden, und er musste recherchieren was die Ersatzteile und die Reparatur kosten würde. Diese Leistung musste ich bezahlen. Bei einer späteren Reparatur hätte er die im Vorfeld erbrachten Leistungen nicht mehr erbringen müssen, also angerechnet. Ich finde das fair.

just my five cent …