In den letzten Tagen ist viel passiert. Wenn auch zum großen Teil nur Gerede. Aber das ist besser als nichts, zumindest wird es nicht verschwiegen und ignoriert, mal abgesehen von unseren gewählten Volksvertretern. Eine kleine Zusammenfassung der letzten Tage findet sich auf netzpolitik.org, dort malt man auch gleich eine Vision für 2015 auf. Ich sagte ja schon mal, wer gestern noch als Schwarzmaler abgetan wurde, wird morgen als Vorhersager gefeiert. War vor Snowden so, wird nach ihm so sein.
Und sonst?
Snowden bekommt den Whistleblower-Preis. Die Übergabe wird vermutlich lustig werden.
Der englische Premier will immernoch das Internet filtern, er weiß nur noch nicht wie. Während er noch rätselt, komm man an anderer Stelle mit ganz konkreten Vorschlägen. Aber Moment, meine Paranoia klingelt grad Sturm. Da kommen also wieder US-Unternehmen ins Spiel, die geradezu für ihren Datenschutz und ihre sorgfältige Arbeit berühmt sind, und entwickeln eine Technik, mit der man ganz gezielt unerwünschte Inhalte aus dem Netz ausfiltern kann.
Nun, da singt doch irgendwo eine Nachtigall. Ich weiß, wenn das Thema Kinder und ausnutzen ins Spiel kommt, fallen bei 90% der Menschen die Scheuklappen runter, sie bilden Lynchmobs, rufen „ja“ zu jeder Maßnahme und schlagen alles tot was böse aussieht. Eine differenzierte Betrachtung ist in diesem Umfeld derzeit de facto unmöglich. Verstehen kann ich es ja, ich verspüre gegenüber Menschen die sowas tun durchaus gewisse Urinstinkte. Trotzdem muss ich einfach sagen: hoffentlich merken wir es, wenn hier durch die Hintertür der staatliche (und vom NSA-Unternehmen erfundene) Internetfilter eingebaut wird. Und hoffentlich wird der Whistleblower, der das dann kund tut, nicht auch in irgendeinem Polizeirevier von Lynchmobs gejagt.
Mobiltelefone machen die Tage mehrfach Schlagzeilen. In Deutschland gibt es ein bisschen Wirbel wegen einer Polizeikontrolle, in der ein Telefon durchsucht wurde (hier, hier und hier). So viel Aufregung wegen einem Telefon, die Briten machen das viel Konsequenter, die nehmen an ihren Grenzen gleich alle Telefone mit. Ich frage mich wie viele Terroristen sie damit schon gefunden haben.
Passend dazu: Die Telekom (ja, auch unsere deutsche Telekom!) hat schon seit Jahren Verträge mit den US-Behörden (hier und hier). Das tolle: sie verpflichten sich Kommunikation und Inhalt weiterzugeben. Also alles. Und noch toller: Die Verträge wurden schon vor 9/11 unterzeichnet. Soso, alles wegen Terror, und überhaupt, man hätte 9/11 mit der Überwachung verhindern können, und nicht vergessen, wir Chefs haben alle nichts davon gewusst.
Und es kommt noch besser, was machen unsere Politiker? Sie schlagen vor, das wir die Telko-Anbieter verpflichten alle Daten zu verschlüßeln, weil das alle Probleme lösen und ein ausspionieren verhindern würde. Und sowieso, die US-Unternehmen hätten sich da ja „willfährig“ ausnehmen lassen. Ähm, aber, Moment, äh, wir haben doch da diese Verträge, schon seit Jahren, und wir geben denen doch eh alles, und, äh, wir haben doch eh schon immer verschlüsselt, also, zumindest bis zum Server, und dahinter, also, da müssen wir es ja dem FBI geben, weil, also, da sind diese Verträge, äähhhh.
Was zur Hölle??? Wieso ist unsere Regierung noch im Amt? Richtig, weil die anderen einfach auch keinen blassen Plan haben was sie da eigentlich und überhaupt reden. Herzlichen Glückwunsch.
Mal weiter sehen:
Die Datenschützer haben sich mittlerweile gerappelt und besonnen, und fordern die Aussetzung des Safe-Harbor Abkommens. In einem offenen Brief an Merkel, begleitet von einer Presseerklärung. Ja, schön, und die Begründung ist eine Lektüre wert, komma aber: Was genau soll deswegen jetzt passieren? Weil ein Land aus dem Staatenbund EU die Aussetzung eines EU-Abkommens fordert? Nichts vielleicht? Sichten, Beurteilen, feststellen das es nicht reicht? Und dann? Soll unsere Regierung aktiv werden? Witzig.
Nein liebe Datenschützer. Tut mir leid, aber ich denke nicht das das reicht. Was meiner Meinung nach ein echtes Statement gewesen wäre? Wenn da statt dessen stehen würde: „Das Safe-Harbor Abkommen muss mit sofortiger Wirkung außer Kraft gesetzt werden, oder die versammelten Amtsinhaber sehen sich unter den gegebenen Umständen nicht in der Lage ihr Amt auszuüben und treten geschlossen zurück.“ Unterschrieben von allen Anwesenden. Das wäre doch mal was, wenn alle Datenschützer des Bundes und der Länder aus Protest das Amt niederlegen. Der Posten ist doch eh überflüssig, wenn die alle von nichts wussten. Ich würde so ein Amt unter den Umständen nicht ausüben wollen.
So wie es derzeit aussieht, macht es aber eher den Anschein einer „wir waschen uns rein“-Aktion. „Wir haben ja was dazu gesagt, aber es hat ja niemand gehört, da können wir nix machen.“ Soll das so ausgehen? Na herzlichen Glückwunsch.
In der Zwischenzeit drohen die USA angeblich schon mal anderen Staaten, das sie noch mehr Flugzeuge von denen zur Landung zwingen wollen, wenn da irgendein Verdacht wegen Snowden besteht. Größenwahn ist eine schöne Sache.
Den US-Bürgern geht es aber auch nicht besser. Die Aufregung ist dort naturgemäß geringer, die glauben ja noch das sie im eigenen Land nicht komplett abgelauscht werden, trotz der Ereignisse in Neuseeland. Jetzt setzt sich der US-Kongress wohl überhaupt erst mal zusammen und redet drüber. Die sehen das relativ entspannt, von Ausnahmen abgesehen.
Dabei geht es doch viel besser mit der Demokratie. Schauen wir mal wie Finnland das macht. Ich sag jetzt nicht das Finland als Land zum großen Beispiel werden soll, aber warum nicht mehr Bürgereinfluß? Aber vermutlich wollen die Bürger das gar nicht.
Nehmen wir noch ein Negativbeispiel zum Abschluß: Selbst ernannte Retter. Da schreibt doch einer, der auch noch fest angestellt bei irgendeiner Zeitschrift ist, das der Snowden sich ja anmaßen tut das einfach zu veröffentlichen, und vergleicht das ganze mit Leuten aus dem zweiten Weltkrieg, und das er damit ja die Welt an den Abgrund gebracht hat.
Nun, schön, eigentlich muss man zu so viel Schwachsinn nichts mehr sagen, aber ich versuch das trotzdem mal. Nehmen wir ein Beispiel aus dem Artikel. Aufmerksame Leser haben es sicher bemerkt:
Damals, ab 1939, ging es um die Frage, ob Washington England gegen Hitler helfen solle. Präsident Franklin Roosevelt hielt Hitler für das Böse schlechthin. Er wollte Winston Churchill militärisch unterstützen. Amerikas Wähler aber waren in ihrer überwältigenden Mehrheit fast bis zum Fanatismus isolationistisch gesonnen. Sie wollten Europa lieber den Nazis überantworten, als zugunsten Englands zu intervenieren. Roosevelt richtete deshalb einen streng geheimen Telegrammkanal mit Churchill ein. Von ihm wusste nur eine Handvoll Eingeweihter – unter ihnen der Edward Snowden jener Tage, ein Kodierexperte der Londoner US-Botschaft. Dieser Experte war ein Kriegsgegner und Isolationist. Er las, wie Roosevelt Churchill Versprechungen machte, und glaubte, es seinem Gewissen und den Amerikanern schuldig zu sein, etwas dagegen zu tun.
Nun, was fällt auf? Richtig. Wir haben hier einen Präsidenten, also einen gewählten Volksvertreter in einem (angeblich) demokratischen Staat. Dieser soll sein Volk vertreten. Sein Volk ist gegen Krieg. Davon kann man nun halten was man will, das ist persönliche Meinung, Fakt ist: sie sind dagegen. Punkt. Was tut der gewählte Volksvertreter? Er führt heimliche Besprechungen. Das ist noch nicht schlimm, aber er macht auch Versprechungen. Selbige sind eindeutig gegen den Willen seines Volkes, und noch schlimmer, sie können sein Land in einen Krieg treiben, den das Volk nicht will. Nun denkt sich also ein Mitbürger, der von diesem nicht unerheblichen Umstand erfährt, das er das mal besser publik machen sollte.
Und nun, lieber Herr Author dieses werten Artikels, glauben sie allen ernstes das er das nicht hätte tun sollen? Mir fehlen hier an dieser Stelle gerade ein wenig die Superlative, daher sage ich es mal nüchtern: Er hatte ganz im Gegenteil sogar die verdammte Pflicht dazu das zu tun!!!
Schauen wir uns dazu das Wiederstandsrecht an. Es wurde eingeführt, damit eben nicht staatliche Organe, wie in der Vergangenheit besonders bildlich in Deutschland geschehen, ungestraft versuchen können, die Grundordnung des erdachten freien Staates zu unterwandern. Ein freier Staat kann nur bestandt haben, wenn er bewahrt wird.
Wenn nun ein Präsident versucht, mit welch gut gemeinten Zielen auch immer, sein Land in einen Krieg zu bringen, den das Volk eindeutig abgelehnt hat, was tut er dann? Versucht er dann bitteschön etwa nicht die Grundordnung zu unterwandern???
Ich bin sicher und teile die Meinung, das es sehr schwierig sein kann, zu entscheiden was in einem solchen Fall richtig und falsch ist. Aber im Zweifel, ist offen immer besser. Und dann entscheidet die Geschichte sowieso. Und in diesem speziellen Fall, ist das Beispiel nur ein Beweis dafür, das wir solche Leute brauchen. Und dem Urheber dieses Artikels kann ich nur sagen: das sie sowas schreiben dürfen, liegt auch daran das wir hier eine freie Rede haben, die nur funktionieren kann, wenn sie nicht überwacht werden darf!
Oh, wait …
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