Selbstbestimmungstheorie

Was motiviert uns? Was brauchen wir? Was macht uns glücklich? Gedanken dazu hatten wir hier schon mal (siehe auch).

Es gibt die sogenannte Selbstbestimmungstheorie (Self Determination Theory, SDT). Diese Theorie geht davon aus das es kulturell übergreifende Grundbedürfnisse gibt. Das wir also bei der Frage was uns glücklich macht nicht nur davon abhängen wie wir von unserem sozialen Umfeld geprägt wurden. Es gibt demnach einige grundlegende Elemente, die erfüllt sein müssen um glücklich sein zu können. Die SDT nennt dazu drei Punkte

  • Kompetenz
  • Autonomie
  • soziale Eingebundenheit

Unter Kompetenz versteht man dabei nicht nur die Fähigkeit sondern auch die Möglichkeit auf die Dinge die man als wichtig erachtet einwirken zu können. Einfach gesagt: Wer nicht mitreden darf bei den Themen die er wichtig findet, ist nicht glücklich. Unter Autonomie wird die Freiwilligkeit verstanden etwas zu tun. Das muss nicht immer freiwillig im Sinne eigener Entscheidung zur Handlung sein. Es genügt auch die Gründe zu verstehen und sich damit einverstanden zu erklären. Wer Befehle befolgt aber dabei die Gründe für die Befehle kennt, und sich mit diesen Gründen einverstanden erklärt, entscheidet sich sozusagen zusammen mit dem Befehlsgeber dazu das diese Vorgehensweise sinnvoll ist. Die Freiwilligkeit des Einverständnisses, das Einvernehmen zur Vorgehensweise. Die soziale Eingebundenheit bezieht sich auf den Wert den Menschen für uns haben, und den wir für andere Menschen haben. Wer niemanden hat der ihm wichtig ist, oder umgekehrt, wer das Gefühl hat niemandem wichtig zu sein, wird nicht glücklich.

Wenn man sich das so ansieht, gibt es doch eine starke Gemeinsamkeit unter den drei Punkten. Es geht im wesentlichen immer darum, das man die Menschen beteiligt. Kompetenz: wer nicht mitreden darf ist unglücklich. Autonomie: wer die Gründe nicht kennt kann nicht einverstanden sein, fühlt sich übergangen oder benutzt. Soziale Eingebundenheit: wer nicht erzählt bekommt was vor sich geht, hat nicht das Gefühl anderen etwas zu bedeuten. Also im Grunde haben alle drei Punkte gemein das wir was wollen? Mitspielen. Teil der Gruppe sein. Kein Funktionsobjekt das Befehle befolgt (Autonomie, soziale Eingebundenheit) sondern die Gründe kennen warum etwas geschieht, und bei Bedarf Einfluss nehmen wenn es uns denn wichtig ist (Kompetenz). Die Menschen sollen uns beteiligen, nicht immer zu allem zwingen und auch mal auf uns hören. Nur dann können wir in unserem Umfeld glücklich werden.

Das bringt uns zur Motivation. Motivation kann generell von außen oder von innen kommen (extrinsische oder intrinsische). Extern bedeutet meist durch Anweisung und gefolgt von Belohnung oder Strafe. Das motiviert uns nicht so besonders. Wir tun es nur weil wir es tun müssen. Intern ist eigener Antrieb. Wenn wir ein bestimmtes Ziel erreichen wollen (5000 Meter laufen in 25 Minuten) dann trainieren wir. Ohne das uns jemand antreiben muss, wir wollen es selber so. Also rennen wir jeden Tag los, immer besser werden wollend. Man kann das noch ein wenig unterteilen, die SDT macht vier Teile daraus:

  • extern (fremdbestimmt)
    • Belohnung, Strafe, Verführung, Zwang, äußerer Druck
  • introjiziert (eher fremdbestimmt)
    • Vermeidung von Schuldgefühlen oder Angst, Verstärkung des Selbstwertgefühls, Entwicklung von Stolz
  • identifiziert (eher autonom)
    • Ziel oder Regulierung wird persönlich für wichtig oder wertvoll erachtet
  • integriert (autonom)
    • intrinsisch (Aktion selbst ist interessant oder Freude bereitend), oder zumindest völlig freiwillig und Ziel oder Regulierung sind in das Selbstgefühl integriert

Die Grenzen sind fließend wie man sieht. So mancher wird sagen das die Vermeidung von Schuldgefühlen eine persönlich wichtige Sache ist, also von einem selber kommt. Tut sie aber eben nicht. Vermeidung von Schuldgefühlen ist sowas von extern, viel externer geht es schon nicht mehr. Man entferne die Personen die einem Schuldgefühle einflößen, was bleibt dann noch?

Intern sind die Dinge die uns Spaß machen. Die Dinge die wir wirklich wollen. Die Dinge, die wir an einem Tag an dem wir nichts zu tun haben, an dem alle Pflichten erfüllt sind, trotzdem tun. Wer Sonntag laufen geht, obwohl er die Woche schon vier mal laufen war und laut Trainingsplan nicht mehr muss, der will. Wer unter der Woche laufen geht, obwohl da reichlich Arbeit liegt, und Ärger mit dem Chef riskiert, und trotzdem laufen geht. Der will. Eine Frage der Prioritäten.

Das Problem bei externer Motivation ist aber nicht nur das wir es sowieso nur tun weil wir müssen (also nicht gern), sonder auch das wir aufhören sobald wir können. Schlimmer noch, wenn die externe Motivation anhält, werden wir nach Mitteln und Wegen suchen dem Druck zu entgehen. Wir mogeln, und versuchen es uns einfacher zu machen. Die Qualität extern motivierter Arbeit ist entsprechend. Intern motivierte Tätigkeiten sind generell ausdauernder, und langfristig erfolgreicher.

Nun hat man im Rahmen der SDT etwas festgestellt. Wenn Menschen etwas freiwillig tun, also eine Aufgabe freiwillig übernommen haben, erfüllen sie diese meist mit großer Zufriedenheit. Wenn aber nun eine Belohnung folgt (jemand merkt das die Aufgabe gut erfüllt wird und schüttet einen Bonus aus), nimmt die Motivation ab. Warum? Weil aus der vorher rein internen Motivation plötzlich eine externe wird. Zumindest kommt eine externe Komponente ins Spiel. Es entstehen Erwartungshaltungen. Und schon müssen wir es tun. Wir müssen es besser machen, oder weiterhin machen, um den Bonus weiter zu bekommen. Es wird zur Pflicht. Und so kann Belohnung das Gegenteil von dem bewirken was man beabsichtigt hat. Weil es uns einen Teil der Freiwilligkeit genommen hat, also unsere Autonomie. Unsere Motivation wurde korrumpiert (Korrumpierungseffekt).

Was kann man besser machen? Nun, statt die Autonomie durch externe Motivation zu unterwandern, kann man die Kompetenz fördern. Da man hier einen Menschen in einer Tätigkeit hat die gut ausgefüllt wird, hat man was? Einen Experten. Den kann man doch zu Rate ziehen, wenn man Themen hat die seine Kompetenz berühren, oder von seiner Erfahrung profitieren können. Damit haben wir, statt die Autonomie zu unterwandern, die Kompetenz und soziale Eingebundenheit gestärkt.

Denn eigentlich wollen wir doch alle nur mitspielen. Dürfen. Freiwillig. Ohne Angst und Schuld. Dann brauchen wir auch keine Belohnung mehr.

 

https://de.wikipedia.org/wiki/Selbstbestimmungstheorie

https://de.wikipedia.org/wiki/Korrumpierungseffekt

https://de.wikipedia.org/wiki/Flow_%28Psychologie%29