Im Januar haben wir ein Intro in den 3D-Druck geschrieben. Das ist ein halbes Jahr her, und es wird Zeit zu prüfen wie interessant das Gebiet ist. Schauen wir uns die Anwendungsgebiete an die in dem letzten Artikel keinen Platz hatten.
Auf der Hannover Messe in diesem Jahr wurden zahlreiche Demonstrationen präsentiert. Blickfang sind Objekte die in 3D gescant werden und anschließend ausgedruckt. Da nimmt auch gerne mal Objekte die unter dem Mikroskop gescant werden und druckt sie vergrößert aus. In die andere Richtung geht es beim Scan einer Person und anschließende Druck als „mini-me“. Das alles stellt letztendlich nur eines klar: die Technologie erlaubt es in kürzester Zeit Prototypen und Modelle zu erstellen, sei es von fiktiven oder echten Objekten, und das je nach Bedarf in der passenden Größe. (heise)
Auf der CES in Las Vegas wurden hingegen Drucker angekündigt die mit verschiedenen Materialien glänzen. Drucken in mehreren Farben wird möglich durch einen Tintenstrahler der Farbstoffe und Bindemittel aufträgt. Der Druck von Keramik geht ebenfalls, die fertigen Objekte müssen danach nur noch gebrannt werden. Besonders reizvoll: der Druck von Zucker-Waren. Zucker mit verschiedenen Geschmacksrichtungen werden vom 3D-Drucker zusammengefügt, das freut den kreativen Heimwerker der eigentlich Konditor werden wollte. (heise)
Das so etwas auch unsinnige Züge annehmen kann zeigt ein Essens-Drucker für die Küche: Zutaten kaufen, alles pürieren, in Kapseln füllen und in einen Drucker stecken, damit dieser dann Objekte daraus formt. Macht das Sinn? Eigentlich nicht. Höchstens unter künstlerischen Aspekten, aber vermutlich geht es auch einfacher wenn man die Objekte direkt selber formt. (heise)
Den 3D-Druck um neue Materialien zu ergänzen ist trotzdem ein wichtiges Ziel. Kunststoffe sind nicht für jeden Zweck geeignet. Lebensmittel, Zucker und Keramik sind ebenso wie die Verwendung von Metallen für die unterschiedlichsten Szenarien wünschenswert und vielfach bereits möglich. Ein weiteres sehr interessantes Gebiet: die Medizin! In Hannover haben Forscher einen Weg gefunden Haut zu drucken. Ein Laser schießt auf eine Glasplatte und erhitzt ein Gel, was eine Zelle dazu bringt sich von der Glasplatte zu lösen. Auf diese Weise lassen sich Zellen auf den Mikrometer genau platzieren und zu neuer Haut zusammen fügen. Erfolge auf diesem Gebiet wären eine enorme Erleichterung für unzählige Patienten und die plastische Chirurgie. Ganz zu schweigen davon wenn erst Organe gedruckt werden könnten. (t3n)
Bis es so weit ist muss einiges geforscht und verfeinert werden, was schon geht ist aber beeindruckend. Zum Beispiel Drucker mit mehreren Druckköpfen. Insgesamt 8 Druckköpfe sorgen dafür das verschiedene Farben und Materialien in einem Objekt gedruckt werden können, inklusive Farbverläufen, verschiedenen Härtegraden oder der Kombination von Kunststoff und Gummi. So ein Gerät kostet dann aber auch mal seine 300.000 $. (golem)
Der Bedarf treibt die Menschen auch in Eigenkonstruktionen. Weil man Teile für Rennwagen drucken wollte musste ein Drucker für Kohlenstofffasern her. Gab es nicht, also selber entwickelt. Ergebnis ist ein Drucker der neben kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff auch glasfaserverstärkten Kunststoff und Nylon druckt. Jetzt überlegt man damit auch Prothesen für Menschen zu drucken. Den Drucker soll es schon ab 5000 $ geben. (golem, t3n)
Prothesen sind das eine, Exoskelette das andere. Eine gelähmte Patientin hat es bereits erfahren: ein 3D-Scan ihrer Beine ermöglichte maßgeschneiderte Bauteile für ein Exoskelett im 3D-Drucker. Dieses wiederum ermöglicht ihr heute wieder zu gehen. Das gleiche Prinzip wird in Industrie/Militär und der Raumfahrt angewendet: Militär und Industrie interessieren sich in erster Linie für Exoskelette die menschliche Kräfte verstärken, also Bewegungen unterstützen um größere Lasten bewegen zu können. Die Raumfahrt muss jedoch ihre Astronauten bei langen Aufenthalten im All fit halten und benötigt Trainingsgeräte. Hier versucht man Exoskelette zu bauen die Bewegungen erschweren. (golem)
Ebenfalls im Weltall befinden wir uns bei dem Versuch Drucker zu entwerfen die in der Schwerelosigkeit und im Vakuum funktionieren. Der Gedanke liegt auf der Hand: Wenn man im Weltall alles selber herstellen kann was man benötigt müssen nur noch die Rohstoffe transportiert werden, und nicht die richtige Anzahl jedes Bauteils und Werkzeugs. (heise)
Für den Einzug in den privaten Bastler-Haushalt braucht es aber weniger. Ein kleiner Drucker, leicht, wenig Stromverbrauch. Gibt es auch. Etwa ein Kilo schwer, 15 Watt Stromaufnahme, schön bunt und rund, kostet nur 300 Euro. Ein bisschen happig zu Weihnachten, aber machbar allemal. (golem)
Wenn der Drucker dann im Eigenheim steht braucht es Modelle die gedruckt werden können. Auch in der Welt rund um den 3D-Druck passiert einiges. Honda hat zum Beispiel seine Fahrzeugkonzepte frei verfügbar ins Netz gestellt, fertige STL-Dateien zum drucken (golem). Neben solchen bekannten Beispielen gibt es eine ganze Reihe von Webseiten und Foren in denen Modelle diskutiert und getauscht werden, oder einfach frei verfügbar sind.
Alternativ kann man auch selber eine Drucker bauen. Das geht wahlweise mit einem Selbstbausatz (RepRap) oder aus dem Schrott alte Rechner-Bauteile wie ein Afrikaner aus Togo bewiesen hat (golem). Er hat aus alten Computer- und Drucker-Bauteilen eine 3D-Drucker gebaut, und das hat ihn weniger als 100 $ gekostet. In beiden Fällen entstand eine Idee: in Afrika war der Plan den Elektronikschrott statt nach Afrika auf andere Planeten zu bringen, damit er dort neu zusammengebaut wird und Weltraumbasen entstehen, bei RepRap hat man sich einfach des ersten Druckers bedient um Bauteile für weitere Drucker zu erzeugen. So erschaffen die Drucker sich sozusagen selbst, und noch mehr, sie verbessern sich selbst. Wenn RepRap neue Versionen entwirft können die Teile im alten RepRap gedruckt und eingebaut werden. Bei diesem Gedanken ist man auch recht schnell bei einer von-Neumann-Sonde.
Und wenn irgendwann doch ein paar Teile über sind, oder der Drucker langweilig wird, baut man ihn um. Auch solche Anekdoten zählen dazu wenn man anfängt zu basteln: Ein alter 3D-Drucker wird zum Air-Hockey-Tisch, wobei der alte Drucker der Computer-Gegner im Spiel wird, versteht sich. Spaß muss eben auch sein. (heise, golem, t3n)
Fazit?
Die Möglichkeiten im 3D-Druck sind spannend, vielseitig, aufregend. Das wird auch noch eine Weile so bleiben. Jeder der sich schon mal die ein oder andere Science-Fiction angesehen hat wird sicher noch eine Menge Ideen haben was daraus mal alles werden kann. Bis es so weit ist wird die Technik auf jeden Fall schon mal die ein oder andere Branche verändern. Noch ein Beispiel gefällig? Ein riesiger Drucker für Stoffbahnen, mit dem ganze Theater, Opern und Fernsehstudios ihre Kulissen erstellt haben. Er druckt 12 Meter breit und 50 Meter lang. Mit ihm wurden ganze Städte als Kulisse gedruckt. Kann man in Babelsberg bestaunen (heise). In Amsterdam wird ein Haus gebaut das aus dem 3D-Drucker kommt (heise). Und Platinen selber zu drucken ist auch in Arbeit (heise).
Welche Kombinationen das alles wohl mal ergibt?