Leadertipp

Wo das mit den Teams heute deutlich komplexer ist als früher (siehe auch), hier ein Tipp zum Leadership.

Ich kann nicht sagen ob ich dazu überhaupt einen Rat geben darf, das überlasse ich den geneigten lesenden. Für mich haben einige Dinge über die Jahre jedenfalls immer wieder gut funktioniert. Da mir ein paar dieser Dinge von anderen weitergereicht wurden, scheint es nur fair wenn ich das gleiche versuche.

Rule #1

Bring die richtigen Leute zusammen.

Du kannst nicht ein Team von Elektrikern zusammenstellen und sie dann eine Mauer bauen lassen. Das mag einfach klingen, passiert aber oft genug. Versuche zu verstehen was das Ziel des Teams sein soll, was die Aufgaben sein werden, welche Rahmenbedingungen sie haben, vor welchen Herausforderungen sie stehen werden und was sie benötigen werden. Du kannst nicht alles vorhersehen, das ist okay, Du kannst später nach steuern. Dafür bist Du da.

Du musst aber die Grundlagen begriffen haben. Es soll Software entwickelt werden? Du brauchst einen UI-Designer? Schön, es gibt unterschiedliche. Engagiere keine Designer für moderne Weboberflächen wenn Du eine Software für interne Vorgänge im Finanzamt erstellst. Ich sage nicht das die Person das nicht kann, aber sie wird nicht glücklich damit sein. Du wirst in jeder Design-Besprechung Reibungsverluste haben weil Du nicht die richtigen Leute gefunden hast. Es sei denn Du willst eine moderne Oberfläche einführen, dann sind sie die richtigen. Aber dann behalte den Reibungspunkt im Auge und mache Deinen Designern klar warum Du das Risiko eingehst und welche Mission sie haben.

Wenn die richtigen Leute zusammen sind, muss auch noch die Chemie stimmen. Klar, Profis sollten immer in der Lage sein zusammen zu arbeiten. Bleibt die Frage was das Ziel ist, ein Team aus Profis die einfach nur zusammen arbeiten, oder ein richtiges Team? Dabei wird es ebenfalls Reibungsverluste geben. Kreative Designer und logische Programmierer haben völlig unterschiedliche Vorstellungen davon was „schön“ ist. Und beide Parteien können zu Diven werden wenn die anderen von ihnen verlangen etwas zu bauen was unschön ist. Die gute Nachricht, Chemie kann man verändern. Du bist der Übersetzer. Du erzeugst das Verständnis. Du bringst das Team zusammen. Am besten bevor es zu den ersten Auseinandersetzungen kommt, je später desto schwieriger. Finde die Reibungspunkte und löse sie bevor sie zu Konflikten werden.

Nicht zu vergessen warum die erste Regel die schwierigste ist. Wer kann sich sein Team schon aussuchen? Wir bekommen Personen zugewiesen, übernehmen bestehende Teams, Personen die wir benötigen sind nicht verfügbar, … . Es gibt viele Gründe warum wir plötzlich mit einem Team dastehen das nicht zueinander passt, oder wichtige Punkte vermisst. Dann sind wir um so wichtiger. Gerade dann müssen wir dem Team eine Mission geben, die Umstände erklären, Verständnis erzeugen, alle auf ein gemeinsames Ziel einschwören und zusammen bringen.

Rule #2

Hole sie ins Boot.

Keine Galeere kommt voran wenn alle in verschiedene Richtungen rudern. Alle hören auf zu rudern wenn sie nicht verstehen wo das Ziel liegt. Ein Gemeinschaft braucht eine Mission, ein Ziel. Sie gehen alle zusammen auf eine Quest die sie gemeinsam formt, um es dramatisch auszudrücken. Das können auch durchaus geheime Missionen sein.

Die Designer für moderne Oberflächen treffen auf traditionelle Kunden? Geheimmission „Überzeugung“: überzeuge unsere Kunden schön einfühlsam warum ihre Mitarbeiter eine modernere Oberfläche haben wollen. Setze Dich mit den Designern zusammen. Schaut Euch die alten und die neuen Oberflächen an. Besprich mit Ihnen wozu man die Kunden vermutlich überreden kann. Du musst versuchen sie auf einen Kurs zu bringen den sie auch gewinnen können, oder auf dem sie zumindest Ergebnisse erzielen und der ins Gesamtkonzept passt. Mach daraus eine konspirative kleine Nebenquest mit vielen geheimen Besprechungen.

Jetzt können die Designer sich eine Strategie überlegen wie sie das Thema vermittelt bekommen, wo sie ansetzen, welche Schritte sie gehen wollen. Statt frustriert langweilige alte Oberflächen zu bauen haben sie einen Auftrag, eine eigene Mission, und müssen selber einen Weg finden. Mit Dir als ihren geheimen Verbündeten. Auch wenn sie es nur zum Teil schaffen, konnten sie es wenigstens versuchen und einen eigenen Kompromiss finden. Vielleicht sogar etwas Spaß dabei haben und ein besseres Verständnis für den Kunden gewinnen. Nachteile in Vorteile verwandeln. Das Team in die Mission einbinden.

Rule #3

Sorge dafür das sie arbeiten können.

Das fängt mit Kleinigkeiten an. Haben sie alle Werkzeuge? Computer? Software? Büros? Telefone? Konferenzraum? Video-Konferenzen? Haben sie alle Informationen? Kundenwünsche? Einflussfaktoren? Rahmenbedingungen? Sind sie in eine funktionierende Organisation eingebunden? Zeiterfassungen? Urlaube? Gehälter? Krankmeldungen? Reisekosten? Spesen?

Es gibt unzählige Kleinigkeiten die einem alles verderben können. Der Teufel ist ein Eichhörnchen. Du kannst Dein Team noch so gut aufbauen, wenn die Organisation dafür sorgt das alle Beteiligten jeden Tag Theater wegen der Zeiterfassung haben, wird das nichts nützen. Beseitige solche Dinge. Versuche Hebel zu finden um Ärger und Theater vom Team fern zu halten und Probleme zu lösen. Du willst das sie konzentriert und mit freiem Kopf arbeiten können. Du willst nicht das sie sich Sorgen darüber machen müssen ob sie frei bekommen um ihr Kind abholen zu können.

Unterschätze das nicht. Selbst wenn für Dich klar ist das sie frei machen können, oder Du denkst die Organisation wird das schon nicht sanktionieren. Selbst wenn Du ohne Gewissensbisse einfach frei machen würdest, es kann Personen im Team geben die damit nicht so locker umgehen können. Die machen sich Sorgen, die nehmen das mit nach Hause, die schlafen deswegen schlecht. Beseitige solche Faktoren. Nicht Du musst Dir sicher sein, sondern Du musst dafür sorgen das sie sich sicher fühlen. Das ist ein Unterschied.

Rule #4

Sorge dafür das sie Dich lieben.

Diesen Rat bekam ich von jemandem der es schon wusste. Der Grund ist aber ein anderer als die meisten denken. Natürlich hilft es wenn ein Team den Teamleiter mag. Das fällt in den Bereich der Chemie. Der zweite Grund ist der: irgendwann wird irgendetwas schief gehen. Ganz sicher. Das kann groß sein, das kann klein sein. Viele kleine Dinge können zu einem großen Problem werden. Egal wie, es wird der Punkt kommen an dem all Deine vorausschauende Planung und alle Deine Bemühungen es trotzdem nicht verhindern konnten das Du aufgeschmissen bist. Und das ist genau der Punkt an dem es nur eine Instanz gibt die Dich retten kann, Dein Team!

Wenn Du bisher alle Regeln mit einem klaren Kopfnicken gelesen hast, lieben sie Dich vermutlich schon. Ich habe wenige Führungskräfte erlebt die alle bisherigen Regeln umsetzen konnten. Ob ich es konnte überlasse ich anderen zu beurteilen. Ich denke nicht immer, aber immer öfter. Die meisten Menschen werden wenige bis keine Führungskräfte erlebt haben die solche Regeln befolgen, und es dementsprechend zu schätzen wissen wenn Du es tust.

Wenn sie Dich lieben, werden sie Dich aus der Sch…. holen. Wenn sie Dich nicht lieben, und Du nur irgendein Chef bist, dann gute Nacht. Das ist genau der Punkt an dem sich die „Antreiber“ von den Leadern unterscheiden. Hast Du Deine Aufgabe immer so wahrgenommen das Du Dein Team zur Arbeit treiben musst? Ergebnisse liefern? Performance steigern? Kiss up, kick down? Nun, warum sollten sie sich dann jetzt noch mehr Mühe geben wenn das sowieso immer alles war was Du wolltest? Was haben Sie mit Deinen Zielen zu tun wenn sie die ganze Zeit nur Erfüllungsgehilfen waren? Hoffentlich helfen Dir die Leute vom „kiss up“. Kein Team, Dein Problem. Dein Team, kein Problem.

Rule #5

Steh zu ihnen.

Das klingt banal, aber es ist wichtig. Wenn Du vor der Wahl stehst Deine Karriere zu schützen oder Dein Team zu verteidigen, was tust Du? Entscheide das vorher. Du hast ein Team übernommen, sie vertrauen Dir, sie folgen Dir, Du hast Verantwortung. Sei Dir dessen bewusst. Sollte es mal hart auf hart kommen, und Du zögerst, kannst Du in einer Sekunde das ganze aufgebaute Vertrauen verlieren. Du musst nicht wie ein Löwe auf den Konzernchef losgehen oder spontane emotionale Reaktionen zeigen. Es reicht wenn Du Dir vorher überlegt hast wo Du stehst und wenn Du Dir selber darüber absolut klar bist. Das Team wird es spüren. Wenn Du es Dir nicht überlegt hast, spüren sie das auch.

Also überlege Dir vor Übernahme des Postens was es sein soll. Team-Leader forever oder nur ein Schritt auf der Karriereleiter? Und belüge Dein Team nicht darüber. Sie können Dir vertrauen auch wenn Du nicht für immer da bist, sie werden Dir nicht vertrauen wenn Du ihnen etwas vorspielst oder sie fallen lässt. Und sie werden nie vergessen wenn Du sie belogen hast. So lange Du da bist, bist Du ein Teil des Teams, egal wohin die Reise danach geht. Sag ihnen das. Verhalte Dich so.