Nachdem wir uns letzte Woche mit der Wahl des neuen US-Präsidenten beschäftigt haben, was ist eigentlich mit unserem Präsidenten?
Funktion der Bundespräsidenten
Der Bundespräsident ist faktisch das Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland, auch wenn das meist nicht so wahrgenommen wird. Das liegt vor allem daran das er sich traditionell aus der Tagespolitik heraus hält. Die politischen Geschäfte werden von dem Bundeskanzler, den Ministern und den Kabinetten geregelt.
Trotzdem hat der Bundespräsident weitreichende Kompetenzen. Unter anderem bei der Wahl oder einer eventuellen Absetzung von Bundeskanzler und Bundestag ist der Bundespräsident zentraler Ansprechpartner, ebenso kommen ihm wichtige Rollen für die Übergangsphasen, im Falle von Notstandsgesetzen oder im Falle eines Krieges zu, da der Verteidigungsfall nach entsprechender Feststellung ebenfalls von ihm verkündet wird. Nicht zuletzt ist kein Gesetz rechtskräftig bevor der Bundespräsident es unterschrieben hat. Auch lang diskutierte und ausgehandelte Gesetze können in letzter Instanz vom Präsidenten gekippt werden indem er schlichtweg seine Unterschrift verweigert.
Der Bundespräsident darf keiner gesetzgebenden Körperschaft angehören und neben dem Amt als Präsident kein Gewerbe und keinen Beruf ausüben. Er muss also unabhängig von anderen Institutionen und Organisationen sein. Er soll sein Amt repräsentativ, integrativ und sinnstiftend ausüben. Zum Zwecke der Unparteilichkeit soll eine Partei-Mitgliedschaft während der Amtszeit ruhen.
In den meisten Fällen wird man den Bundespräsidenten hauptsächlich in seiner repräsentativen Rolle wahrnehmen. So lange die Dinge ihren Gang gehen muss der Präsident seine Rolle selten über diesen Bereich hinaus ausfüllen. Zu tun hat er trotzdem genug. Neben Staats-Besuchen und -Empfängen und anderen repräsentativen Aufgaben steht die integrative und sinnstiftende Tätigkeit auf dem Programm. Das bedeutet diverse Schirmherrschaften, Werbung und Arbeit für soziale Projekte und stets mit gutem Beispiel voran gehen.
So kann man den Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland im Grunde als eine Art letzte moralische Instanz sehen. Er soll als gutes Beispiel für Deutschland voran gehen, und im Falle von Krisen und Notständen die Wertvorstellungen und das Grundgesetz der Republik schützen. Eigentlich sollte man meinen das dies eine der wichtigsten und gleichzeitig schwierigsten Aufgaben ist, den spätestens im Falle der Wertvorstellungen sind sicherlich viele Positionen in der Republik vertreten.
Liste der Bundespräsidenten
In Deutschland gab es bisher 11 Bundespräsidenten. Joachim Gauck ist der letzte.
- Theodor Heuss: 1949 bis 1959
- Heinrich Lübke: 1959 bis 1969
- Gustav Heinemann: 1969 bis 1974
- Walter Scheel: 1974 bis 1979
- Karl Carstens: 1979 bis 1984
- Richard von Weizsäcker: 1984 bis 1994
- Roman Herzog: 1994 bis 1999
- Johannes Rau: 1999 bis 2004
- Horst Köhler: 2004 bis 2010
- Christian Wulff: 2010 bis 2012
- Joachim Gauck: seit 2012
Theodor Heuss
Theodor Heuss war bereits in der Weimarer Republik Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei und der Deutschen Staatspartei. 1933 stimmte er im Reichstag für das Ermächtigungsgesetz das zur Abschaffung der Weimarer Republik führte und die NS-Diktatur ermöglichte.
1949 wurde er der erste Präsident der Republik. Er übte das Amt zwei Amtszeiten lang aus, und lehnte eine dritte Amtszeit ab, nicht zuletzt weil dafür eine Änderung der Gesetze notwendig gewesen wäre.
Theodor Heuss unterschrieb das „Gesetz über die Verwaltung der Einkommen- und Körperschaftsteuer“ nicht, aus formalen Gründen.
Heinrich Lübke
Heinrich Lübke wurde 1959 Präsident. Aus seiner Amtszeit geblieben sind im wesentlichen einige rhetorische Fehlgriffe und die Anschuldigung als Ingenieur am KZ-Bau beteiligt gewesen zu sein.
Bezüglich der rhetorischen Fehlgriffe gab ein Mitarbeiter des Nachrichtenmagazins Spiegel später bekannt das diese groß-teils bloße Erfindungen der Redaktion waren. Die Anschuldigungen bezüglich des KZ-Baus erwiesen sich als Fälschung der DDR-Geheimdienste. Trotzdem führten die Affären zum Rücktritt des Präsidenten.
Heinrich Lübke unterschrieb das „Gesetz gegen den Betriebs- und Belegschaftshandel“ nicht, da es aus seiner Sicht dem Grundgesetz widersprach.
Gustav Heinemann
Gustav Heinemann trat sein Amt 1969 an.
Er war ein starker Vertreter der Moral und trat 1950 aus Protest gegen die Wiederbewaffnung aus seiner Partei aus. Er betonte vor allem die demokratischen und liberalen Seiten der Republik. Auf eine Wiederwahl zur zweiten Amtszeit verzichtete er.
Gustav Heinemann verweigerte zwei Gesetzen die Unterschrift: das „Ingenieurgesetz“ und das „Architektengesetz“. In beiden Fällen sah er keine Gesetzgebungskompetenz gegeben.
Walter Scheel
Walter Scheel wurde 1974 Präsident.
Anfangs als über-ambitioniert und von dem Bundeskanzler Helmut Schmidt in die Schranken gewiesen, erwarb er sich als Redner große Anerkennung. Auch er verblieb nur eine Amtszeit.
Walter Scheel verweigerte das „Gesetz zur Erleichterung der Wehrdienstverweigerung“ weil die Zustimmung des Bundesrates fehlte.
Karl Carstens
Mit Karl Carstens trat 1979 ein weiterer Kandidat in das Amt des Präsidenten der negativ mit der Vergangenheit in Verbindung gebracht wurde, da er früher Mitglied der NSDAP war.
Karl Carstens hat 1983 den Bundestag aufgelöst. Nachdem die regierende Koalition von Helmut Schmidt an politischen Fragen zerbrach und Helmut Kohl das Amt des Bundeskanzlers übernahm regte sich Kritik, da dieser Kanzler nicht durch Wahlen ins Amt kam. Helmut Kohl stellte die Vertrauensfrage und seine Fraktion enthielt sich, was zu einem geplant negativen Ausgang der Vertrauensfrage führte. Die anschließend an den Präsidenten getragene Bitte den Bundestag aufzulösen ermöglichte dann 1983 Neuwahlen. In dieser Form war das die erste Auflösung des Bundestages durch einen Präsidenten in der Bundesrepublik, und auch als solche nicht unumstritten. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte nach erfolgter Klage gegen den Präsidenten die Entscheidung von Karl Carstens, wobei auch dieses Urteil umstritten war.
Karl Carstens hat also Präzedenzfälle geschaffen.
Richard von Weizsäcker
Richard von Weizsäcker trat 1984 das Amt des Präsidenten an. Er verdiente sich großen nationalen und internationalen Respekt in seinen Reden. Unter anderem hielt er am 08. Mai 1985 eine Rede zum 40. Jahrestag der Kriegsendes, wo er den 08. Mai als Tag der Befreiung interpretierte, und nicht als Tag der Niederlage.
Richard von Weizsäcker verweigerte das „10. Gesetz zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes“ wegen Verstoß gegen das Grundgesetz. Nach einer Änderung des Grundgesetzes wurde das Gesetz erneut beschlossen und von Weizsäcker unterschrieben.
Bei seiner Wiederwahl 1989 gab es zum ersten mal keinen Gegenkandidaten. Von 1990 bis 1994 war Richard von Weizsäcker der erste Präsident des wiedervereinigten Deutschlands.
Roman Herzog
Ab 1994 übernahm Roman Herzog das Amt des Präsidenten für eine Amtszeit. Bekannt wurde er für seine 1997 in Berlin gehaltene Rede, bei der er formulierte „durch Deutschland muss ein Ruck gehen“. Die Rede wurde als die „Ruck-Rede“ bekannt. Die Form der Rede wiederum wurde als „Berliner Rede“ bekannt und von seinen Amts-Nachfolgern fortgeführt. In den folgenden Jahren wurde diese Form der Rede genutzt um verschieden Personen (nicht immer den Präsidenten selbst) ein mal im Jahr aktuelle politische Themen und Grundsatzdiskussionen ansprechen zu lassen. Roman Herzog hat ebenfalls den Deutschen Zukunftspreis ins Leben gerufen.
Roman Herzog hatte bereits zum Amtsantritt klar gestellt nur eine Amtszeit amtieren zu wollen.
Johannes Rau
Johannes Rau übernahm 1999 das Amt des Präsidenten.
Sein Spitzname „Bruder Johannes“ war auf seine Religiosität und sein Auftreten bezogen. Sein Motto war „Versöhnen statt spalten“, was als recht passend für sein Amt empfunden wurde.
Johannes Rau war der erste Präsident der eine Rede auf Deutsch vor der Knesset in Israel hielt.
Horst Köhler
Horst Köhler wurde 2004 der neunte Präsident der Republik. Er sollte 2005 auch der zweite Präsident werden der den Bundestag auflöst. Gerhard Schröder hatte ebenfalls mit dem Ziel von Neuwahlen die Vertrauensfrage gestellt und geplant verloren. Auch dieses mal wurde geklagt, und auch dieses mal bestätigte das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung.
Kritik bekam er unter anderem für gleich zwei abgelehnte Gesetze. Das Gesetz zur Flugsicherung und das Verbraucherinformationsgesetz lehnte er jeweils mit der Begründung ab das sie gegen das Grundgesetz verstoßen.
Seine zweite Amtszeit vereitelte Horst Köhler trotz schon erfolgter Wiederwahl 2009 durch einen Kommentar in dem er sagte das „im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege“. Dies brachte ihm genug Kritik ein um 2010 seinen sofortigen Rücktritt zu erklären.
Christian Wulff
Christian Wulff trat 2010 mit 51 Jahren als bis da hin jüngster Präsident das Amt an. Er legte Wert auf eine Integrations-Politik um den verschiedenen Kulturen eine gemeinsame Basis zu geben. Kurz vor seiner Wahl zum Präsidenten hatte Christian Wulff angeregt das lebenslange Entgelt der Präsidenten zu reduzieren.
Im Jahr 2011 begann die sogenannte „Wulff-Affäre“. Es wurden mehrere Fälle von Vorteilsnahme, Bestechung und Bestechlichkeit ausgemacht. Als 2012 beantragt wurde die Immunität des Präsidenten aufzuheben trat Christian Wulff zurück.
Die Affäre endete nach 13 Monaten Ermittlungen in 21 verschiedenen Fällen mit einem Freispruch. Im Rahmen der Affäre wurde eine Anklage wegen Bestechlichkeit über 400 Euro erhoben. Mit Blick auf die Einkünfte eines Präsidenten von knapp 200 000 Euro eine eher lächerliche Anklage. Trotz des Freispruchs gilt Wulff noch heute in großen Teilen der Bevölkerung als schuldig, was sich nicht zuletzt in der Diskussion um den Ehrensold widerspiegelte.
Mit der causa Wulff haben die Medien nach Heinrich Lübke zum zweiten Mal unter Beweis gestellt das sie einen Präsidenten zu Fall zu bringen können. Die zweifelhafte Rolle der Medien spiegelt sich sogar in den Streitigkeiten unter Journalisten wieder. Als die Bild-Zeitung für ihre Berichterstattung zur Wulff-Affäre ausgezeichnet werden sollte, haben die ebenfalls ausgezeichneten Journalisten der Süddeutschen Zeitung den gleichen Preis aus Protest abgelehnt. Der Verfasser des Buchs „Der böse Wulff“ sagte treffend: „Zumindest ein Teil der Medien war damals mit einer Mission unterwegs. Meines Erachtens ging es darum, den Mann aus dem Amt zu entfernen. Ich würde nicht alle über einen Kamm scheren, aber zumindest der Bild-Zeitung würde ich attestieren, dass sie eine Kampagne gegen Wulff gefahren hat. Mit Sicherheit.“
Joachim Gauck
Ab 2012 trat Joachim Gauck das Amt des Präsidenten an.
Er leitete zuvor von 1990 bis 2000 als „Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen“ die zu dieser Zeit nach ihm benannte „Gauck-Behörde“.
Joachim Gauck hat 2016 bekannt gegeben das er für eine zweite Amtszeit nicht zur Verfügung steht. Damit wurde die derzeit anhaltende Diskussion um die Kandidaten für die Wahl 2017 eröffnet.
https://de.wikipedia.org/wiki/Bundespr%C3%A4sident_%28Deutschland%29
https://de.wikipedia.org/wiki/Gesetzgebungsnotstand
https://de.wikipedia.org/wiki/Verteidigungsfall_%28Deutschland%29
https://de.wikipedia.org/wiki/Erm%C3%A4chtigungsgesetz
https://de.wikipedia.org/wiki/Berliner_Rede
https://de.wikipedia.org/wiki/Deutscher_Zukunftspreis
https://de.wikipedia.org/wiki/Wulff-Aff%C3%A4re
https://de.wikipedia.org/wiki/Bundesbeauftragter_f%C3%BCr_die_Stasi-Unterlagen